Castingshows – Fluch oder Segen?

Gast Meinung von Florian:

Seit dem Jahr 2000 wird im deutschen Fernsehen gecastet, bis die Kameras glühen. Damals fing das ganze Unheil (?) mit der heute nur noch mehr oder weniger erfolgreichen Castingshow „Popstars“ an. RTL 2 konnte mit diesem revolutionären Fernsehformat sensationelle Quoten einfahren und auch das „Produkt“ der Show, die Girl-Group „No Angels“, sorgte für klingelnde Kassen. Den Gegenpol zu „Popstars“ bildet „Deutschland sucht den Superstar“ (kurz: DSDS), welches 2002 von RTL aus England importiert wurde. Im Gegensatz zu „Popstars“ sorgt DSDS heute immer noch für ausgezeichnete Quoten, was wohl nicht zuletzt an Medienprofi Dieter Bohlen liegt.

Neben Super-, Pop-, Hyper-, Mega- und Gigastars für die Musikbranche wurde, bzw. wird auch heute noch, nach allmöglichen Talenten gesucht. Ob Musical-Darsteller („Ich Tarzan, Du Jane!“, „Musical Showstar 2008“), Schauspieler („Bully sucht die starken Männer“, „Mission Hollywood“), Mentalisten („The next Uri Geller“), Tänzer („DanceStar“) oder Topmodels („Germanys next Topmodel„) – Castingshows sind zu einem Hauptbestandteil unseres Fernsehprogrammes geworden.

Sind Castingshows generell zu verurteilen?

Häufig höre ich, wie beschissen mediale Talentsuchen wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Germanys next Topmodel“ doch sind. Ein häufig genannter Kritikpunkt ist die geringe Halbwertszeit der Super- oder Popstars. Nicht selten ist nach einer „Nummer 1“ in den Charts und einem erfolgreichen Album Schluss mit der Karriere. Die Plattenfirma will den Künstler aufgrund fehlender medialer Unterstützung nicht mehr haben, da sich eine weitere Zusammenarbeit finanziell nicht mehr lohnen würde. Klar, Superstars wie Alexander Klaws haben nicht wegen ihrer tollen Stimme so viele CDs verkauft, sondern wegen dem Hype um die Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“. Viele (auch etablierte) Künstler träumen davon, vor mehr als 5 Millionen Menschen 10 Wochen lang jeden Samstag auftreten zu dürfen. Eine bessere Promotion gibt es kaum.

So rasant dieser Erfolg kommt, so schnell nimmt er meistens auch wieder ab. Ist es deswegen verwerflich mit kommerziellen Absichten ein Topmodel oder einen Superstar zu „machen“? Ich denke nein. Auch wenn die Welle des Erfolgs nur kurz anhält, so wäre es doch fast unmöglich ohne die Hilfe von RTL, ProSieben und Co. überhaupt solch eine Welle auszulösen. DSDS-Gewinner Mark Medlock oder „Germanys next Topmodel“ Lena Gercke wären doch niemals so erfolgreich geworden, hätten sie nicht an einer Castingshow teilgenommen. Während und nach der Ausstrahlung einer solchen Talentsuche profitieren natürlich nicht nur der Fernsehsender, die Produktionsfirma und die Plattenfirma, sondern meistens auch der Künstler. Ein ganz konkretes Beispiel: Aus exklusiver Quelle weiß ich, dass es für die DSDS-Kandidaten in der Top15-Show 5.000 Euro gab, für jede Mottoshow sogar 7.500 Euro. Das macht für den Sieger OHNE die Einnahmen aus den CD-Verkäufen schon stolze 80.000 Euro in nur 3 Monaten. Und auch die Teilnehmerinnen von Germanys next Topmodel könnten ohne das Format wohl kaum exklusive Werbeverträge mit C&A oder Maybelline Jade ergattern, da es weitaus professionellere und hübschere Models auf dem Markt gibt.

Fluch oder Segen? Beides …

Zwar haben die Kandidaten von Castingshows meist kurzzeitig viel Erfolg, jedoch kann es auch passieren, dass sie schonungslos ausgebeutet werden. So enthüllte die BILD-Zeitung in diesem Jahr, dass die „Popstars“-Gewinnerinnen so gut wie nichts verdienen würden und auch vor Knebelverträgen kann man sich in der Casting-Branche nicht retten. Nichtsdestotrotz stellt ein solches Fernsehformat auch eine Chance für den Teilnehmer dar. So ist die „American Idol“-Gewinnerin Kelly Clarkson auch nach 7 Jahren noch sehr erfolgreich und auch die „No Angels“ verkaufen noch ein paar CDs.

(Bildquelle: Wikipedia)