Haben wir mit der Audiokassette auch den Musikgenuß verloren?

Bist Du alt genug um Audiokassetten genutzt zu haben? Damit war die Erstellung einer Musikkassette wirklich Arbeit. Heutzutage sind MP3-CDs in ein paar Minuten erstellt, aber verlieren wir mit dieser Schnelllebigkeit nicht auch den Genuss an der Musik?

Vor dem Radio warten
Man sitzt samstags morgens vor dem Radio und wartet auf den richtigen Moment, das richtige Lied oder die richtige Stimmung. Immer auf der Jagd nach aktuellen Liedern oder Klassikern die noch in der Sammlung fehlen. Dann kommt auf einmal das richtige Lied, Du drückst auf den Aufnahmeknopf und hoffst den Anfang richtig erwischt zu haben, dass man am Anfang oder Ende oftmals ein paar Worte des Radiosprechers in dem Lied waren, störte damals kaum jemanden.

Kassetten bespielen
Eine Musikkassette zu bespielen hat Zeit gekostet. Es musste ständig vor und zurück gespult werden, bis die Liedübergänge passten waren ab und zu ein paar Versuche notwendig. Aber soviel Zeit musste sein, die Lieder wurden mit Sorgfalt ausgesucht und in die richtige Reihenfolge gebracht.

Das kostet Zeit und war auch gut so! Die Reihenfolge und die Liedwahl optimal aufeinander abgestimmt, die Stimmung perfekt mit Musikstücken ausgedrückt, das hat eine wirklich gute Kassette ausgemacht.

Ich hab Dir ne Kassette gemacht
Der Aufreißer schlechthin.. Heute mit den CDs ist das einfach nicht mehr das Gleiche. Ich hab Dir mal schnell ne CD gebrannt, damit ist kein Frauenherz zu brechen, kein Flirt zu beginnen.
„Ich hab Dir ne Kassette gemacht“ hatte da schon einen ganz anderen Stand. Da steckte Arbeit drin, damit wurde eine Nachricht überbracht, und wenn die Musik und die Reihenfolge stimmte, wurden damit Beziehungen gestartet, Ehen gegründet und Grundsteine für Familien gelegt.

Die Kassette
Die Kassette schlechthin hatte handgeschrieben einen Titel oder die Toplieder auf die Kassette geschrieben. Eventuell noch halbsichtbar der vorherige Titel, Kassetten waren teuer und wurden wieder und wieder überspielt. Diese eine Kassette, hunderte Male optimiert, Lieder überspielt und in neue Reihenfolgen gebracht,  wurde dann auch stetig gehört, unterwegs mit einem Walkman (nein, der konnte nicht auch telefonieren und Videos abspielen) oder dann später im Auto. Erst die eine Seite dann die andere Seite, danach wieder von vorne. Eine Kassette für die Ewigkeit, so hat es sich zu mindestens bei einigen Kassetten angefühlt.
Damit sind persönliche Klassiker entstanden, die, wenn man sie heute hört, einen sofort wieder in die gute alte Zeit zurückbringen. (Kein Wunder wenn man die Lieder gefühlte 1 000 000 Mal gehört hat..)

Heute geht das alles so schnell, tausende von Liedern sind in der digitalen Sammlung, hunderte von CDs und Samplern auf einen Knopfdruck gebrannt, dazu ein professionelles Cover und die CD ist fertig. Man wechselt die persönlichen Sampler schneller als die Socken, die CDs sind Wegwerfartikel die manchmal nur 2-mal gehört werden bevor man sich die nächste CD brennt.

Aber verlieren wir damit nicht auch den Musikgenuß? Ist das nicht auch der Grund warum die Eintagsfliegen Castingbands wie Room 2012 überhaupt eine Chance haben?

Nimmt sich den niemand mehr Zeit für eine anständige Musikzusammenstellung, ist mit den Ipods auch der letzte Rest von mit bedacht erstellten Abspiellisten verloren gegangen? Du musst Dich nicht mehr entscheiden was Du auf die CD oder Kassette aufspielst, mit dem iPod hast Du einfach alles immer dabei..

Was denkst Du? Besteht auch heute noch Hoffnung auf eine gepflegte Musiksammlung die mit viel Liebe und Bedacht für den besten Freund oder die Angebetete erstellt wird (vielleicht als digitale Playlist?) oder haben wir mit den Audiokassetten wirklich den Musikgenuß verloren und es nicht mal gemerkt?

 

22 Antworten auf „Haben wir mit der Audiokassette auch den Musikgenuß verloren?“

  1. Ja das stimmt schon irgendwie 🙁

    Ich kenne die Zeit der Kassetten auch noch, es stimmt schon das man sich mehr mühe gemacht hat.

    Aber es ist heute auch schön alle musik immer auf einen griff zur hand zu haben, und das warten auf die richtige musik im radio hat glücklicherweise auch ein ende 😉

  2. Dem kann ich mit jedem Satz beipflichten. Was waren das doch für selige Zeiten, als man mit dem Kopfhörer im Schneidersitz vor dem Hifi-Turm sass und und für die Freundin oder auch für Kumpels Tapes zusammenstellten, die just Killers no Fillers enthielten. Ich rechnete jeweils schon vor Aufnahmebgeinn die Gesamtlaufzeit der jeweiligen Seite zusammen, damit das liebevoll erstellte Programm auch ganz sicher aufs Band passte.

    Überhaupt geht von den analogen Tonträgern ein Charme aus, welcher von der Digitaltechnik niemals kompensiert werden kann, selbst wenn die heutige Aufnahmequalität die bessere ist. Noch heute ziehe ich die Vinyl-LP der CD vor. Sie klingt schlichtweg besser.

    Kürzlich erwischte ich mich sogar dabei, wie ich auf dem Flohmarkt aus purer Nostalgie heraus für einen Euro pro Stück ein paar Kassetten von 80er-Popbands kaufte. Es bereitete mir einen Heidenspass, zuhause die Dinger anzuhören und in Erinnerungen an Zeiten zu schwelgen, in denen es noch ein Ereignis war, wenn eine grosse Band eine neue LP herausbrachte. Der heutige Musikmarkt ist von Oberflächlichkeit und Schnelllebigkeit geprägt, worin die Musik nicht mehr als Ausdrucksform von Kunst wahrgenommen wird, sondern lediglich den Zweck des wegwerfbaren Konsumgutes erfüllt.

    Die Welt wurde zwar schon in den 70ern und 80ern akustisch zugemüllt, aber eben nie in dem Ausmass, wie es heute geschieht. Dass die Charts unterdessen durch die Verkaufszahlen von Handyklingeltönen mitbestimmt werden, spricht Bände.

    Vielleicht weiss ich gerade aus diesem Grunde die analogen Tonträger nach wie vor zu schätzen, weil man da eben noch etwas in der Hand hat und dies die Musik gewissermassen auch greifbar macht. Es geht doch nichts über ein schönes Gatefold-Cover mit Textabdruck auf der Innenseite; im Idealfall als richtig schwere britische Pressung. That Sound rocks!

    Aber auch Audiokassetten haben ihre unnachahmlichen Eigenheiten und jedes Label zeichnete sich durch ein eigenes Kassettendesign aus. So waren Mitte der 80er die Tapes aus dem Hause EMI vanillefarben, ebenso die Hüllenrückseiten. Selbstverständlich mit eingeprägtem Logo…

  3. Und wer erinnert sich dabei nicht an das „legendäre“ XDR-Qualitätssicherungssystem, welches am Anfang und am Ende der Kassette in Form von sogenannten „Tonebursts“ die stets mitlaufende Qualitätskontrolle (was immer auch damit gemeint war) hörbar signalisierte? So waren sie, die Zeiten damals…

    Heute sieht die Musikwelt freilich ganz anders aus. Neuen Formaten wie MP3 stand ich schon immer skeptisch gegenüber, weil ich der Meinung bin, dass digitalisierte Musik, die nur noch aus Nullen und Einsen besteht, irgendwie keine Seele hat. Die Schallplatte, das Tape und meinetwegen auch die CD verleihen der Musik jedoch eine physische, greifbare Gestalt. Und nur das ist es, was einen Musikliebhaber und leidenschaftlichen Sammler glücklich macht.

    Es bedarf wohl keiner weiteren Erklärung, dass ich keinen iPod besitze und auch nie einen haben werde. Ich wüsste schlichtweg nicht, wozu. Auf der Strasse ziehe ich mir wahrhaftig lieber den Sound des Alltags rein (Autolärm, etc.), als dass ich mich von zwei weissen Stöpseln in den Ohren zudröhnen lassen würde. Dafür geniesse ich abends den lebendigen, authentischen Klang einer Schallplatte über die Stereoanlage umso mehr.

    Aber ist es nicht zuletzt auch egal, auf welche Art man Musik hört? Hauptsache doch, es macht Spass und verschafft einem beim Anhören der Lieblingssongs ein paar Augenblicke des Glücks. Für die Generation MP3 halt schon frühmorgens in der Strassenbahn, verkabelt in Weiss…

    Wir sind ja damals auch mit dem Walkman rumgelaufen, den sperrigen Bügelkopfhörer auf den Ohren und das klobige Gerät am Gürtel festgeschnallt. Und bei den billigen Kaufhausimitaten, die schon ab 20 Mark zu haben waren, beinhaltete der Kaufpreis neben garantiert auslaufenden Batterieren auch noch ein Leierkastenlaufwerk sowie Wackelkontakt spätestens nach einer Woche.

    Wahrlich, die Zeiten haben sich geändert. Ebenso die Musik- und Medienlandschaft. Für Freundin und Kumpels stelle ich schon längst keine Tapes mehr zusammen. Die Zeiten sind nun mal vorbei. Heute drücke ich ihnen stattdessen eine CD in die Hand, die ich aber mit genau so viel Herzblut zusammenstelle wie damals die Kassetten. Die Auswahl der Tracks und die Reihenfolge müssen bis ins Detail stimmen. Dazu gestalte ich jeweils auch ein passendes Cover und drucke es auf Glossy Fotopapier aus. In einem Jewel Case sieht das dann richtig schick aus. Ich verschenke liebend gerne selbstgemachte Compilations mit erlesenen Songs an meine Freunde. Das hat mir schon immer Spass gemacht.
    Probiert’s doch einfach auch mal aus!

  4. Ja Ramon, in vielen Sachen hast Du recht.

    Und ich erstelle auch heute noch für Freunde Musikzusammenstellungen. Eben nicht mehr auf einer Kassette, sondern nun auf CD oder als Playliste für den iPod.

    Das geht wesentlich schneller als damals, aber ich gebe mir dabei immer noch genauso viel Mühe wie damals, bin aber schneller fertig..

  5. Das ist doch alles nostalgischer Unfug!
    Platten klingen höchstens besser, wenn man eine richtig gute Aufnahme hat, eine High-End-Anlage und ein gutes Gehör!
    Die dämlichen verstaubten Pop-Scheiben aus den 80ern auf einer 50W-Kompaktanlage abgespielt klingen um einiges erbärmlicher, als
    die gleiche Mucke auf CD!
    Ich freue mich schon drauf, wenn mir das erste Mal jemand einreden will, daß VHS ein besseres Bild hat als DVD! *lol*
    Nix gegen Platten, sind brauchbare Tonträger! Aber diese Mystifizierung ist einfach nur bescheuert!

  6. Ich habe nach fast 10 Jahren CD-Brennen/mp3 wieder angefangen, Kassetten und Tonbänder aufzunehmen. Warum? Weil ich mir – ebay sei dank – zwei klassische HiFi-Türme der damaligen Spitzenklasse aus den 70ern und 80ern mit allen Komponenten, auch Bandmaschinen, für Wohn- und Arbeitszimmer zugelegt habe. Von sowas habe ich früher immer geträumt, aber für einen Jugendlichen war das damals unerschwinglich und mein Vater hatte kein Interesse an HiFi. Die Anlagen sind nicht nur optisch eine Augenweide, sondern haben auch heute noch einen fantastischen Klang.

    CD’s kopiere ich grundsätzlich als mp3, um sie beim Joggen zu hören, auf Band werden grundsätzlich nur Schallplatten überspielt. Ich sehe keinen Sinn darin, diese zu digitalisiern. Wenn ich die unbedingt in digitaler Form haben will, kaufe ich mir lieber die CD als digital-remastered-edition, die hat dann einen aufgefrischten Sound und klingt meistens besser als die Original-CD oder die Vinyl-Erstpressung.

    Mehr noch als mit den alten Tonträgern rumzuspielen, macht es Spaß, mit den alten und äußerst hochwertigen Geräten zu arbeiten und zu sehen, wie diese dann die aufgenommene Musik abspielen – mit den ganzen LED-Ketten oder VU-Meter-Anzeigen. Stellt doch einfach mal eine Bandmaschine wie die AKAI GX-646 oder ein Super-Tape wie das Kenwood KX-2060 neben ein PC-Gehäuse oder neben diese 300-Euro-Surround-Receiver aus Plastik Made in China.

    Komischerweise stoßen Leute, die an klassischen Autos rumschrauben, auf größeres gesellschaftliches Verständnis, als Leute, die sich mit klassischen HIfI-Geräten beschäftigen.
    Schmeisst eure alten Geräte und Medien bloß nicht weg, wenn sie einigermaßen hochwertig sind. In den 90ern konnten in Deutschland auch alle nicht schnell genug ihre /8er, Granadas, Capris, Commodores, Mantas, 323i’s, 924/944er und GTI’s aus den 70ern und 80ern in Osten verkloppen. Heute ärgern sich alle schwarz und auf den Gebrauchtmarkt steigen die Preise für die wenigen Übriggebliebenen ins Astronomische.

  7. Nun, meine wiederentdeckte Liebe zu den Tapes hat ganz bestimmt etwas mit Nostalgie zu tun, ohne Frage. Als Unsinn würde ich es indes nicht einfach so abtun. Wie Janek in seinem Beitrag schreibt, klingen Kassetten auf einer hochwertigen Anlage absolut gut, wenn nicht gar exzellent. Das Problem heute sind die meist billigst hergestellten Abspielgeräte. Ein MP3-Player ist und bleibt nun mal ein Häufchen Plastik; da sind keine Röhrenverstärker drin. Schon mal Musim über einen ebensolchen Verstärker gehört, lieber Udo?

  8. Ein anderes Problem sind halt die Boxen, die viele Leute zuhause aufgestellt haben. Die mitgelieferten Plastik-Brüllwürfel zu den heutzutage gängigen Micro-Hifi-Anlagen sind ja wohl das allerletzte, was man einem Musikgehör zumuten kann. Die können einfach nur scheisse klingen. Ich setze beispielsweise auf Aktivlautsprecher und habe für mein Soundsystem halt auch etwas Geld ausgeben müssen. Aber wenn man darauf eine Vinyl-LP hört, erhält man ein Klangspektrum, welches man mit einem digitalen Tonträger niemals hinkriegen würde. Selbst eine einfache Audiokassette liefert einen Sound, bei dem jeder MP3-Player und jede 5.1-Surround-Anlage „made in China“ einpacken kann. Wie eine gute Aufnahme klingt, wissen heutzutage leider nicht mehr viele. Auf einer guten Anlage hört man nun einmal den Unterschied zwischen dem kalten, sterilen Klang einer CD und dem warmen, lebendigen Sound einer Vinylplatte ganz deutlich heraus. Von komprimiertem MP3-Müll wollen wir da erst gar nicht reden. Aber eben: was ist schon von einer Generation zu erwarten, die sich Musik vom Internet aufs Handy runterlädt und sich den Schrott auch noch über die Gegensprechfunktion anhört.

  9. Eine absehbare Folge dieser Entwicklung wird ganz bestimmt sein, dass es in wenigen Jahren keine CDs mehr im Handel zu kaufen geben wird. Trotzdem gibt es einen Lichtblick: erst kürzlich hörte ich am Radio die Meldung, dass die Vinyl-Verkäufe laufend zunehmen und dass die gute, alte Schallplatte derzeit eine wahrhaftige Renaissance erlebt. Das Ausio-Tape hingegen wird wohl weiterhin ein nostalgisches Dasein fristen. Genauso wie die VHS-Kassette. Da war die DVD in punkto Bildqualität und Ton halt schon ein gewaltiger Fortschritt. Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass bei der technischen Entwicklung im Musikbereich irgendetwas schief gelaufen sein muss in den letzten Jahren. Micro-Hifi und MP3 können doch nicht die Zukunft sein… oder etwa schon?

  10. Tja Leute,

    so im großen und Ganzen pflichte ich Euch bei: Ich habe hier einen Technics SL1210 MK II stehen. Es geht einfach nichts über den Moment, in dem man – per Lift oder, wenn die Hand noch nicht so zittrig ist, mit ebenjener – die Nadel in die Rille setzt. Da kann ein CD-Player, der geheimnisvoll die Scheibe in sich selbst zieht, einfach nicht mithalten.

    Dennoch: Es geht auch nichts über eine MP3-Scheibe im Auto, wenn man mehrere Stunden unterwegs ist und einen Musikgeschmack hat, der, sage ich mal, nicht gerade alltäglich ist und auf entsprechend wenig Sendern läuft. „Früher“ hatte ich einen CD-Wechsler, das war noch akzeptabel, aber mit dem MP3 Player ist das echt eine feine Sache.

    Dann die Sache mit dem MP3-Player: Da habe ich mittlerweile zwei. Der erste mit 1 GB hat mich vor etwa 2 Jahren noch über 100 EUR gekostet. Ich habe auf diesem jede Menge der Musik, die ich mag. Früher, mit dem Walkman, hatte ich immer das Gerät dabei und mindestens 4 Kassetten. Auch wenn es nur mal für einen Tag per Bus nach Venedig ging. Vergleichsweise sperrig. Und nachdem ich eh keine allzu audiophilen Ohren habe komme ich auch mit der „minderwertigen“ Qualität gut klar.

    Nichtsdestotrotz: Ein paar meiner vom Radio aufgenommenen Mixtapes, unter anderem eines, welches mein Bruder aufgenommen hat, während ich auf einem Rave mein erstes Date hatte, sind verMP3ert und ich hoffe, sie für die Nachwelt erhalten zu können (Datensicherung!). Das war mit Vinyl halt besser. Aber MC-RWs (hihi) lassen auch im Lauf der Jahre nach.

    Wie auch immer: Jedem das seine, mir das meiste! 😀

    Tom

  11. Haben wir mit der Audiokassette auch den Musikgenuß verloren?
    Ja, leider!

    Wenn ich den Artikel so lese wurde mir erstmal wieder bewusst wie das früher so war. Der Autor dieses Artikels hat leider recht, ich finde schon das man eine gebrannte CD nicht mehr so zu schätzen weiß wie damals eine gemachte Kassette!

  12. So, nun melde ich mich auch mal wieder zu Wort, nachdem diese Diskussion doch schon einige Zeit anhält. Eines gleich vorweg, den obigen Eintrag betreffend: sehr wohl kann man eine selbstgebrannte CD zu schätzen wissen, vorausgesetzt, sie ist mit derselben Hingabe zusammengestellt worden, wie man früher an eine persönliche Compilation auf Tape herangegangen war. Und wenn so eine CD Marke „Eigenbrand“ auch optisch noch was hergibt (Fotopapier, Jewel-Case und bedruckte Disc), kann das doch eine ebenso feine Sache sein. Meine Freunde staunen immer wieder über die Sampler, die ich jeweils für sie (und natürlich auch mich) zusammenstelle. Mein jüngstes „Projekt“ betitelte ich mit „Om Vinteren“ (nach einem Song von Under Byen) und dem Zusatz „Songs For The Quiet Season“, gestaltete ein Cover mit Sepia-Fotos von dürren Ästen und entlaubten Bäumen und druckte das Ganze auf marmoriertem Papier aus. Auf diesem Sampler sind Songs von gänzlich unterschiedlichen Künstlern vertreten; u.a. von Yann Tiersen, Robert Wyatt, Beirut, Bonnie „Prince“ Billy, Savoy Grand und nicht zuletzt Under Byen. Die CD klingt wie aus einem Guss und fand bei meinen Freunden großen Anklang. Ich finde, die Anordnung der Songs ist genau so wichtig wie deren Auswahl und daher richte ich bei der Zusammenstellung einer Compilation jeweils auch größtes Augenmerk auf die Reihenfolge der Stücke. Außerdem stelle ich lieber ein stimmiges Programm zusammen, als nur die volle Spielzeit der CD ausreizen zu wollen. „Om Vinteren“ ist nach einer guten Stunde zu Ende, auch wenn noch zwei, drei weitere Stücke draufgepasst hätten.

    Wie oft bekam man früher CDs in die Hand gedrückt mit den verheißungsvollen Worten: „Musst du dir anhören!“ Und beim Anblick der krakeligen Filzstiftschreibe auf der Scheibe verging einem dann gleich mal die Lust dazu. Ein solcher Auftritt ist guter Musik schlicht und einfach nicht würdig. Und seit Musik bequem per Breitband herunterladbar ist, hat sich ja nochmals sehr viel geändert.

    Letzten Endes bleibt es doch nur eine Frage der Wahrnehmung und auch, wie man Musik in kultureller Hinsicht auffasst. Während sie für mich die höchste aller Künste darstellt, ist sie für andere lediglich ein billiges, austauschbares Konsumgut. Als Musikliebhaber, Sound-Fetischist und Sammler legt man natürlich Wert aufs Original. Wen wundert’s, dass ich mich mit iPod und MP3 schwertue. Für mich ist ein aus dem Netz gesaugter Song in etwa so geil wie Sex mit einer Gummipuppe. Manchmal frage ich mich, was Leute, die ganze CDs aus dem Netz rippen, wohl für ein Musik- und Kulturverständnis haben…

  13. Meine Freundin hatte bis zuletzt sogar ein Auto Tape Deck mit Kassette und ohne CD Player. Der Vorteil war das wir immer noch die guten alten Tapes hören konnten. Das is jetzt durch Ihr neues Auto mit CD Player vorbei. Schade Schade


  14. Das mit den Kasetten ist Schnee von gestern..
    Ich habe noch soviele alte Tapes in meinem Keller..
    die werde ich mal mit den jahren nochmal auspacken..
    ich hoffe dass dann mein kasettenrecorder noch funktioniert..
    =)
    Grüße Marc

  15. Also ich höre grade ein frisch erstelltes Mixtapes.. Aufgenommen von echten Vinyl-Scheiben und mit knackigem sound dank gutem Equalizer-Setup und regelmässiger Pflege des Tapedecks.
    Also ich liebe es.

    Allerdings kriegt man bald Probleme, neue, unbespielte Tapes zu erwerben.. Und zugegebenermassen digitalisiere ich manches Tape, um es als mp3 dabei zu haben. Aber der Mix bleibt ja trotzdem an einem Stück und es klingt alles herrlich analog!

    Magnetband for ever!

  16. Ich erforsche gerade das Internet nach Artikeln über Kassetten und bin dann auf diesen gestoßen und kann ihm nur zustimmen!

    Ich bin vor gut einem halben Jahr durch Zufall in den Besitz eines alten Walkmans gekommen und hab mir den Spaß erlaubt mal wieder eine alte Kassette einzulegen. Es hat mich sofort gepackt und ich kam nicht mehr drumherum mein altes Kassettengerät zu entstauben und mir wieder eine Kassette aufzunehmen. Und was soll ich sagen, es ist herrlich! Auf meinem mp3-Player habe ich die Musik nur noch wie Massenware hoch und runtergeladen, von Genuß kann kaum die Rede sein. Meine „neuen“ Kassetten hingegen höre ich mit Wonne, freue mich über die gelungenen Zusammenstellungen und über das lebendige Flair, wenn der Walkman mir die Musik abspult. Man hört die Sachen wieder bewußter und sogar alles von Anfang bis Ende und x-mal. Und egal wohin man geht, die momentane Lieblingskassette darf natürlich nicht fehlen. Ich fand sogar ein Mädel, dem ich wieder eine Musikkassette zusammenstellen konnte und wir freuten uns wie Schneekönige!

    Es wird inzwischen etwas schwierig noch einigermaßen gute Chromdioxid Kassetten zu finden, doch notfalls kann man sie über das Internet bestellen.

    Ob andere das verstehen dieses alte Medium mit sich rumzuschleppen, das geht mir an der Poperze vorbei. Ich erfreue mich am Genuß und an dem drehenden Teil in meiner Brusttasche. 🙂

  17. Hocherfreut nehme ich zur Kenntnis, dass dieser Artikel nach so langer Zeit immer noch gelesen wird und offenbar bin ich nicht der einzige, der mit sich mit dem Untergang der Audiokassette schwertut. Sie gehört schlichtweg zu den verschwundenen Dingen, wie dies im gleichnamigen Lexikon der Autoren Volker Wieprecht und Robert Skuppin in einem liebevoll verfassten Artikel beschrieben wird. Und es ist leider auch wahr, dass man selbst auf Flohmärkten und in Brockenstuben kaum mehr fündig wird, wenn man auf der Suche nach gut erhaltenen Tapes ist. Für mich haben besonders bespielte Originalkassetten „Kultfaktor“ und oft waren sie damals in den Eighties sogar etwas teurer als die jeweilige LP, wenn man sie im Laden neu kaufte. Unter Sammlern waren sie ja damals richtiggehend verpönt; wenn schon das teure Original, dann durfte und konnte es nur die Vinyl-Version sein. Von manchen Alben aus jener Zeit besitze ich heute alle drei Formate, also MC, CD und LP. Das ist zwar total bescheuert und lässt sich wohl nur mit den Worten Liebhaberei und Sammelleidenschaft erklären, ist aber indes auch eine Frage der Wertschätzung dem Original gegenüber. Über meine Haltung zu gerippten CDs und mp3-Files aus dem Netz muss ich mich an dieser Stelle ja nicht mehr äussern (siehe meine vorhergehenden Kommentare). Ich bin sogar überzeugt, dass mp3-Player ebenfalls bald zu den verschwundenen Dingen zählen werden. Ihre Rolle wird derzeit durch das seuchenartige Aufkommen der Smartphones übernommen. Die Plattensammlung passt ja inzwischen bequem auf die 32GB-Version des angebissenen Obsts der vierten Generation. Verborgen hinter einem Icon auf dem Touchscreen. Kürzlich habe ich ein Kassettendeck ans Mischpult im Wohnzimmer angeschlossen und ein altes Tape von ZZ Top eingelegt. Obwohl die Kassette seit Jahren nicht mehr abgespielt wurde, klang sie so frisch und knackig wie damals. Wohlverstanden, das Tape ist 25 Jahre alt! Aber es rockt! Es rockt noch immer!

  18. Während ich den obigen Text las, rette ich grade meine guten alten Tapes ins digitale Zeitalter.
    Ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen, das waren noch Zeiten wo man vor dem Radio-Tapedeck saß nur um im rechten Moment auf Rec. zu drücken um das laufende Lied mit zu schneiden.
    Leider sind Leerkassetten ja kaum noch zu bezahlen und gibt es heutzutage überhaupt noch Walkman zu kaufen?

    Ich hab in den letzten Jahren den Eindruck gewonnen das Musik mitlerweile, besonders unter jungen Leuten, zu einer Wegwerf-Ware verkommt. Die gewünschte Musik wird aus dem Internet geladen und wenn sie nicht gefällt wieder gelöscht, so einfach ist das.
    Oder man behält sie auf seinem Mp3 Player nur um sagen zu können „Ich bin sooo cool, ich hab 3000 Lieder auf meinem iPod“.

  19. An Rex:

    Da ich mich ja seit kurzem wieder mit der Kassette als mobiles Medium beschäftige, kann ich da einen ganz guten Überblick bezügl. Walkmänner liefern.

    Es gibt tatsächlich noch welche zu kaufen. Allerdings sind diese in ihrer Ausführung und Austattung auf ein Minimum zurechgestutzt. Sie erinnern an die ersten Geräte, die man so ca. Anfang der 80er Jahre bekam. Groß, keine Ausstattung und vermutlich kaum Klang. Luxusgeräte mit sattem Klang, schmalem Gehäuse, Auto-Reverse, Soft-Touch-Keys, Klangequalizer, Titelsuchlauf usw. gibt es meines Wissens nicht mehr.

    Wer wie ich tatsächlich wieder Lust darauf bekommt, der sollte sich bei ebay umschauen. Ich habe da einen guten Walkman für 1,- ersteigert. Von Panasonic mit Slim-Case, Auto-Reverse, autom. Bandstraffung, Titelsuchlauf, Bandsortenwahl, Klanganhebung. Spielzeit vermutlich max. 20 Std., sieht aus wie neu. Und wer wieder den richtig guten Klang haben will, dem sind die alten AIWAs und Sonys ans Herz gelegt. AIWA ist etwas günstiger, so einen habe ich noch. Ich erhalte damit einen besseren Klang als mit den mp3-Playern, muß aber fairerweise sagen, daß ich lediglich mp3-Player der Mittelklasse gekauft habe.

    Übrigens sind auch die damaligen Kassettengeräte zu einem Spottpreis zu bekommen. Geräte mit Frequenzgängen einer CD (20 – 20.000 + x), autom. Bandeinmessung (Bias), Dolby HX-Pro usw. Also Geräte, die damals High-End darstellten und für den Otto-Normal fast unbezahlbar waren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert